Overtourism: Trotz Massen-Tourismus nachhaltig reisen

Der See in Bled, Slowenien: Im Vordergrund die Kapelle im Hintergrund die Burg

Ich bekenne mich gleich zu Beginn schuldig: Auch ich verbringe Stunden auf Instagram, um nach schönen Orten zu suchen. Und am Ende fahre ich da auch hin. Natürlich nicht immer. Aber den See in Bled, meine Reise nach Cinque Terre oder auch die Moselschleife… Das alles hätte ich ohne Instagram wahrscheinlich nicht auf meine Reise-Wunschliste geschrieben.

Und Vielerorts wird’s dann irgendwann problematisch. Sei es, die massive Umweltverschmutzung durch Müll und menschliche Exkremente oder dass die Einheimischen aus den Dörfern verdrängt werden. Die Natur oder die Einheimischen leiden ganz schnell unter „falschem“ und dem „zuviel“ an Tourismus. Mir, die sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit legt, stellt sich unweigerlich die Frage: Geht Massen-Tourismus und Nachhaltigkeit zusammen?

Aussicht auf Vernazza
Auch außerhalb der Saison recht voll: Vernazza in Cinque Terre

Wenn unter jedem Busch ein Taschentuch liegt

Früher, als ich als Jugendliche bei den Pfadfindern war, galt es als „cool“ und „mutig“, im Zeltlager nachts nicht bis zum Toiletten-Häuschen zu laufen, sondern in die Büsche zu pinkeln. Um die damit verbundene Umwelt-Verschmutzung habe ich mir mit 14 keine Gedanken gemacht. Und genauso scheint es auch in Cinque Terre zu sein. Hier leidet die Natur wahrlich unter den Touristenmassen. Denn so viel Müll und Taschentücher von Pinkelpausen habe ich noch in keiner Wandergegend zwischen den Büschen gesehen.

Taschentuch im Gebüsch
Ganz schön ekelhaft: Ein Taschentuch im Gebüsch

Das ist aus zwei Gründen problematisch:

  1. Ganz offensichtlich: Der Müll. Denn die wenigsten nehmen das benutzte Taschentuch wieder mit. Warum du es aber mitnehmen solltest: Ein Papier-Taschentuch braucht 1-5 (!) Jahre, bis es verrottet. Die Dauer ist stark von den Einflüssen abhängig (Quelle: SWR).
  2. Die Überdüngung: Ein Phänomen, das ich besonders aus Städten kenne: In Gebieten, in denen es viele Wild-Pinkler*innen und/oder Hunde gibt, leiden die Bäume unter einer Stickstoff-Überdüngung (Naturschutz Berlin-Malchow). Schon heute nehmen unsere Bäume über die Luft zu viel Stickstoff auf und werden dadurch krank (Bundesamt für Umwelt).

Deshalb: Nutze, wenn irgend möglich öffentliche Toiletten oder Toiletten in Cafés oder Restaurants. Nimm auf Touren immer eine kleinen kleinen Plastikbeutel für Müll mit. Hier kannst du, falls du nun doch mal in Wildpinkeln musst, deine Toilettenpapier bis zum nächsten Mülleimer aufbewahren. Die Natur um dich herum wird es dir danken!

Das Eifeldorf Monschau im Herbst
Unter der Woche total ausgestorben: Das Eifeldorf Monschau

Wenn das Dorf zum Museum wird

Cinque Terre – das sind diese fünf wirklich malerischen Dörfchen an der Ligurischen Küste. Hier schmiegen sich bunte Häuser in imposante Steilhänge. Bestimmt habt ihr das schon Tausend-Mal auf Instagram gesehen. Die Dörfer sind wirklich klein. Sehr klein. Die Gassen sind eng. Und überall quetschen sich Touri-Shop an Trattoria an Bar. Besonders außerhalb der Saison (ich war im Februar da), wirken die ganzen Dörfer eher wie ein Museum, das noch nicht geöffnet hat. Kaum Einheimische. In den Straßen hört man Englisch, Deutsch oder Französisch.

Und genau das ist das Problem: Die Einheimischen werden von den Touristen verdrängt, weil es lukrativer ist, eine Wohnung kurzfristig an Touristen zu vermieten, als langfristig an Einheimische. Das Ergebnis sind Dörfer, die einem Museum gleichen. Denn wohnen tut hier niemand mehr. Auch bei den Preisen in der Gastronomie spiegelt sich das wieder, sodass das Leben in Touristen-Gegenden für die Einheimischen immer teurer und letztendlich zu teuer wird.

Touristen, die alle in Pisa das selbe lustige Foto machen
Alles andere als individuell: Touristen, die alle in Pisa das selbe lustige Foto machen

Nachhaltig reisen

Sollte man deshalb nicht mehr in Massentourismus-Ziele reisen? Ich sage ganz klar: Nein, man kann und sollte immer noch in Gegenden reisen, die sehr touristisch sind. Die Menschen vor Ort leben schließlich vom Tourismus. Dabei versuche ich, ein paar Grundsätze walten zu lassen:

In der Natur: Leave no trace

Besonders, wenn ich in der Natur unterwegs bin, steht beim nachhaltigen Reisen „leave no trace“/“hinterlasse keine Spur“ an erster Stelle.

  • Das bedeutet, dass ich meinen gesamten Müll wieder mit nehme. Also auch Obstschalen und Taschentücher.
  • Ich versuche, nicht wild zu pinkeln.
  • Ich nehme auch keine Pflanzen, Äste, Federn,… mit.
  • Ich verlasse die offiziellen, befestigten Wege nicht.
  • Begegne ich Tieren, verhalte ich mich leise und versuche, die Tiere nicht zu erschrecken.
Der See Bled
Im Sommer leider ganz schön voll: Der See Bled

Die Soziale Nachhaltigkeit im Tourismus

Tourismus ist für viele Regionen Fluch und Segen zu gleich. Für viele Regionen stellt der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle dar. Gleichzeitig leidet nicht nur die Natur unter einem „zu viel“, sondern auch die Menschen vor Ort: Wenn es lukrativer ist, an Touristen zu vermieten, als an Einheimische, werden diese langfristig verdrängt. Umso wichtiger ist es, verantwortungsvoll zu reisen, insbesondere, wenn man in ökonomisch schlechter gestellte Länder reist. Ich achte z.B. darauf:

  • Ich kaufe lokale Produkte.
  • Ich besuche lokale Geschäfte, Cafés,… und nicht große Ketten, wie McDonald’s oder H&M. Das hat den Nebeneffekt, dass ich so auch die lokale Küche und den Stil viel besser kennen lerne.
  • Ich versuche es zu vermeiden, zur Hauptreisezeit ein sehr beliebtes Reiseziel zu bereisen
Abendstimmung am See in Bled
Abendstimmung am See in Bled – Wenn die Tagestouristen weg sind, kehrt Ruhe ein

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