Radfahren auf der Heuvelroute: Bikepacking in Belgien

Radfahren auf der Heuvelroute in Belgien

Belgien ist, neben den Niederlanden, eins meiner Lieblingsländer zum Radfahren! Denn die Rad-Infrastruktur ist vergleichsweise gut ausgebaut, es gibt einige Fern-Radwege und man kann sogar spontan günstig mit der belgischen Bahn anreisen (meine Tipps für’s entspannte Bahnfahren in Belgien findest du hier). Ganz gezielt habe ich daher nach einen Fernradweg in Belgien gesucht, den ich an 4-5 Tagen fahren kann. Gefunden habe ich die Heuvelroute. Auf ungefähr 460km bietet die Heuvelroute alles, was das Bikepacking-Herz höher schlagen lässt: Hügel, lange Abfahrten, schattige Wälder, entspannte Wege an Kanälen und auf alten Bahnstrecken, historische Städte und viele Einkehr-Möglichkeiten. So macht Bikepacking in Belgien Spaß! Und falls man keine Lust mehr auf’s Radfahren auf der Heuvelroute hat, kann man fix am nächsten Bahnhof in den Zug einsteigen.

Fahrradfahren auf der Heuvelroute
Fahrradfahren auf der Heuvelroute. Das Foto ist ein Selbstportrait, die Kamera steht auf einem Zaun

Inhaltsverzeichnis

An- und Abreise zur Heuvelroute

Die Heuvelroute verläuft einmal quer von West nach Ost durch Belgien. Ich habe mich dazu entschieden, am westlichen Ende anzufangen und auf Deutschland zu zu fahren. Enden kann man entweder in Tongeren, Maastricht oder Aachen. Ganz je nachdem, wie viele Kilometer man fahren möchte. Aber auch zwischendurch kreuzt die Heuvelroute oft genug andere Städte, sodass man mit der Bahn abkürzen kann.

Gestartet bin ich in Poperinge, das ist die letzte große Stadt in West Flandern vor der französischen Grenze. Dorthin bin ich ganz entspannt von Aachen mit der belgischen Bahn gekommen. Ich bin erst von Aachen nach Verviers gefahren, von dort nach Kortrijk und dann nach Poperinge. Bahnfahren in Belgien geht sehr gut und ist günstig und äußerst unkompliziert.

Als Ende habe ich mir Maastricht ausgesucht. In der Regel fährt hier ein Zug nach Aachen. Nur an dem Tag nicht – ich habe also den Busfahrer bequatscht, dass er mich mit nimmt. Und was soll ich sagen: Der gute Mann hat eine Ausnahme gemacht. Denn von Maastricht nach Aachen sind nochmal ordentlich Höhenmeter.

Kunstinstallation Reading between the lines in der Nähe von Borgloon
Kunstinstallation „reading between the lines“ in der Nähe von Borgloon – sie leigt eigentlich nicht auf der Heuvelroute, ist aber nur ein paar Kilometer Umweg

5 Tage Radfahren auf der Heuvelroute

Aufgeteilt habe ich mir die Heuvelroute auf insgesamt 5 Tage, wobei der erste Tag zur Hälfte auf die Anreise entfiel. Ich fand das schon sehr herausfordernd, denn die Landschaft ist sehr hügelig. Wenn du die Tour so nachfahren möchtest, wie ich sie gemacht habe, solltest du schon etwas fitter sein.

Etappe 1: Popringe – Halluin

Los ging’s in Popringe, dem letzten Ort in Belgien vor der französischen Grenze. Vom Bahnhof habe ich schnell das Stadtzentrum gefunden und die ersten Wegweiser der Heuvelroute sind mir auch schon ins Auge gesprungen. Zunächst ging es flach aus der Stadt raus, doch dann nahm die Heuvelroute jeden Hügel mit, den es in der Umgebung gab. Doch die Anstiege lohnten sich sehr: Der Blick schweift über eine weite Landschaft, die an den Neusiedler See (meine Tour 2022 um den Neusiedler See) erinnert (nur ohne See versteht sich). Es wird Wein angebaut, die Hügel sind mal sanft, mal knackig und allgemein ist es heiß.

Zum Glück hatte ich genug Snacks dabei: Denn auf diesem Abschnitt sind die Orte, die man kreuzt, rar und ziemlich klein. Leider begleiten mich hier viele Denkmäler, die an den ersten Weltkrieg erinnern. Die Belgisch-Französische Grenze war hart umkämpft und daran wird quasi in jedem zweiten Dorf erinnert. Ganz schön bedrückend die ganzen Soldatenfriedhöfe. Am Ende meiner ersten Etappe stieß ich auf den Fluss Leie, an dem ich ganz entspannt die letzten Kilometer ausfuhr. Der Fluss ist hier eher ein Kanal und ist oft die Grenze zu Frankreich. Leider war es unmöglich, einen geeigneten Campingplatz (also einen mit Duschen, Toiletten und ganz vielleicht Strom) zu finden, sodass ich in Halluin ein Hotelzimmer bezog. Hier gab’s Pizza im Bett und ein kurzes, kühles Bad bevor ich ziemlich müde ins Bett fiel.

Etappe 2: Halluin – Wodecq

Hervorragend erholt und ausgeschlafen startete ich in meinen zweiten Tag. Ich hatte noch Pizza übrig und verzichtete auf das Hotel-Frühstück. Gegen 9 Uhr rollten mein Fahrrad und ich durch die noch kühle und ruhigen Straßen von Halluin. Zunächst folgte ich wieder ganz entspannt der Leie, die mich, mit einem kleinen Umweg, nach Kortrijk führte, wo es eine kleine Frühstückspause gab. Unter einer Brücke im Schatten aß ich die letzten Reste Pizza. Wie in allen Städten, verlor ich auch in Kortrijk den Weg und bekam eine ungewollte Stadtrundfahrt.

Kunst an der Heuvelroute: Holzfiguren auf dem Kluisberg
Kunst an der Heuvelroute: Holzfiguren auf dem Kluisberg

Doch kaum war ich aus der Stadt raus, fingen die Hügel wieder an. Es war heiß und windig (Meist Gegenwind…), umso mehr beschloss ich, dass ich es gemütlich angehen möchte. Gemächlich kämpfte ich mich also die Hügel hoch, kehrte in Kneipen für einen Eistee ein und schaffte es schlussendlich an den Endgegner für die Etappe: Der Kluisberg. Der Anstieg war so knackig, dass ich hoch schieben musste. Aber oben angekommen, belohnten mich ein schattiger Wald und komische Holzfiguren. Und natürlich eine wunderschöne Abfahrt.

Nachdem ich die Stadt Ronse verlassen hatte, fuhr der Weg über eine wunderschöne RAVeL-Strecke und ich konnte mich zum Feierabend nochmal gemütlich ausfahren. Und zum Glück war in der Nähe auch ein Campingplatz: Ich schlief auf dem Bauernhof-Campingplatz „Camping à la Ferme Dôrloû“ (Google Maps) auf einer Anhöhe mit Blick über die Hügel. Um mich herum Ziegen, Schweine, Kaninchen und Kühe. Genauso habe ich mir meine Radtour durch Belgien vorgestellt! Und das Beste: Der Bauernhof hatte einen kleinen Laden, wo es Salat, Obst und Joghurt für mich als Abendessen gab. Ich musste also noch nicht mal kochen.

Abendstimmung im Dorf
Abendstimmung auf der Kuhweide

Etappe 3: Wodecq – Overijse

Aufgeweckt von den ersten Sonnenstrahlen, genoss ich (so wie immer) einen heißen Tee im Zelt. Es sind genau diese ruhigen Morgende, die ich am Bikepacking so liebe. Doch die Ruhe hatte schnell ein Ende: Bevor die Hitze aufkam wollte ich schon unterwegs sein. Also schnell alles eingepackt und im Bauernhofladen noch ein bisschen Proviant gekauft und los.

Atomium von einer Brücke aus fotografiert
Das Highlight des Tages: Das Atomium glitzerte im Sonnenlicht, als ich über die Autobahnbrücke fuhr. Wer kann es entdecken?

Und während ich so den Hügel hinunterrollte, auf dem sich mein Schlafplatz befunden hatte, realisierte ich, dass ich einen sehr steilen Hügel bezwingen musste, um wieder zurück auf die Heuvelroute zu kommen. Kurzerhand beschloss ich, eine kleine Abkürzung zu nehmen. Denn Steigung am Morgen macht Kummer und Sorgen. Ich bog also auf die nahegelegene RAVeL-Strecke ab und genoss, einfach mal vergleichsweise schnell voran zu kommen. Und nach einer Weile erreichte ich schon die Dendre, die eher an einen Kanal erinnert. Ich folgte ihr, bis ich in Geraardsbergen ankam, das seinem Namen alle Ehre machte.

Geraadsbergen. Falls ihr im Radsport bewandert seid, klingelt’s bestimmt bei euch. Ich bin’s nicht und dementsprechend verwundert war ich, als ich oben ankam: Die „Mauer von Geraardsbergen“ ist einer der, DER berühmten Anstiege auf der Flandern-Rundfahrt. Schlimmste Steigung, Kopfsteinpflaster und ein ziemlich langer Anstieg macht diese Mauer zu einer Herausforderung für jeden Radport-Profi. Und auch für mich. Ratternd quälte ich mein Rad also über das Kopfsteinpflaster und bereute so ziemlich alles. Aber auch das ging vorbei.

Schild in Flandern, das für das Kopfsteinpflaster wirbt
Flandern ist, wo man stolz über schlechten Straßenbelag ist

Ich schlängelte mich illegalerweise durch Baustellen, der Schweiß wusch meine Sonnencreme wieder von meiner Haut und ich trank gierig eine Wasserflasche nach der anderen. Durch die brennende Sonne hatte ich schon den ersten Sonnenbrand auf den Armen, sodass ich ab Mittags beschloss, meine Arme mit meiner Regenjacke zu schützen. Auch das noch. Im Schatten einer Hauswand, wo ich kurz Pause machte, googlete ich nach einer Alternative mit weniger Steigung, suchte Zeltplätze und begann an meinem ganzen Vorhaben zu zweifeln: War die Tour nicht allgemein etwas zu viel? Zu viel Hitze, zu viele Hügel, zu viel Headwind?

Als ich den Kanaal Charleroi-Brüssel erreichte und irgendwie noch Energie übrig war, beschloss ich, einfach weiter zu fahren. Keine Abkürzung, keine leichtere Route, kein vorzeitiges Ende meiner Tour. Sondern einfach weiter. Natürlich habe ich es ziemlich schnell wieder bereut, denn die Hügel waren zurück. Aber Snacks, ein gemütliches Tempo und die Aussicht auf einen Campingplatz waren ziemlich motivierend. Schlussendlich landete ich in Overijse auf dem Platz Camping Druivenland (Google Maps).

Hier kochte ich meine Portion Notfall-Nudeln (ich habe immer eine Packung Fertig-Nudeln in der Tasche) und quatschte mit zwei anderen Radreisenden, sie auch auf dem Campingplatz übernachteten.

Etappe 4: Overijse – Tienen

Nach einer viel zu kurzen Nacht bin ich viel zu spät aufgewacht. Meinen Tee trank ich also nicht wie sonst, gemütlich im Zelt, sondern beim Packen nebenbei. Trotzdem konnte ich so keine Zeit Wettmachen, denn ich musste noch darauf warten, bis mein Handy geladen war. Und natürlich quatschte ich hier und da auch noch eine Runde. Viel zu spät ging’s also los. Die Sonne brannte schon erbarmungslos vom Himmel.

Andere Radfahrer auf der Heuvelroute
Ganz Belgien ist an diesem Sonntag auf dem Rad unterwegs

Ich tröste mich, dass es erstmal nur bis nach Leuven geht, wo ein spätes Frühstück auf mich wartet. Dort sitze ich als Einzige IM Café, trinke Flat White und esse ein Stück Kuchen. Einfach mal nicht von der Sonne gegrillt werden. Doch irgendwann kann ich mich dazu aufraffen, weiter zu fahren. Wie immer verfahre ich mich in der Stadt und ich war schon leicht genervt, als ich endlich den Weg aus der Stadt raus finde.

Der Weg führt durch einen schönen großen Wald. Der Schotter knirscht unter den Reifen, es fährt sich gut, ich nehme Geschwindigkeit auf, während ich einen Hügel hinunter rolle. Und bevor ich es recht realisieren kann, ist es auch schon passiert: Ich fahre durch ein riesiges Schlagloch und es haut mit den Gepäckträger vom Fahrrad. Der Felsbrocken, der mir vom Herzen fiel, als ich feststellte, dass sich „nur“ ein paar Schrauben gelöst haben und ich es selbst recht einfach reparieren kann. Puuh! Zur Sicherheit fixierte ich aber den Gepäckträger noch zusätzlich mit einem Riemen. Sollte ja noch ein paar Kilometer halten…

Reparierter Gepäckträger
German Engineering: Reparierter Gepäckträger

Der Nachmittag plätschert so dahin und nach ca. 80 Kilometern beschließe ich, dass ich keine Lust mehr habe, weiter zu fahren. Ich rufe beim Campingplatz De Mulkerij (Google Maps) an und frage nach einem Schlafplatz. Zum Glück ist noch etwas frei! Ich hole mir noch meine erste Pommes Spezial und steuer dann den Campingplatz an. Hier gibt’s Hängematten und einen Pool. Und kurz fühlt es sich nach einem unglaublich entspannten Urlaub an.

Kunst entlang der Heuvelroute
Auf den Mauern stehen die Namen von Apfelsorten

Etappe 5: Tienen – Maastricht

Finale! Ich stehe extra früh auf, denn ich möchte so gut es geht der Hitze entgehen und genügend Zeitpuffer nach Hinten raus haben. Denn abends muss ich auf jeden Fall wieder Zuhause in Köln sein. Ich baue alles fix ab und nehme mir dann aber doch noch die halbe Stunde und setze mich mit einem Tee an den Pool. Diese Morgende.

Selbstportrait: Frühstückspause
Erste Frühstückspause im Schatten der Bäume mit Croissants – Selbstportrait mit Fernauslöser

Pünktlich um 8 Uhr rolle ich vom Platz, decke mich in einer Bäckerei mit Croissants ein und los geht’s. Obstplantagen säumen den Wegesrand: Kirschen, Birnen, Äpfel. Es kribbelt in den Fingern, mir ein paar Früchte zu stibitzen. Doch ich bleibe standhaft. Die Hügel werden sanfter, doch die Sonne brennt weiterhin erbarmungslos vom Himmel. Zum Glück bin ich früh los. Ich finde ein schattiges Plätzchen und lege die erste lange Frühstückspause ein. Ich nutze die Zeit, um noch ein Selbstportrait von mir zu machen, bevor es wieder auf die Piste geht.

Die Freude ist groß, als ich Limburg erreiche – auf dem Schild steht „fietsparadijs limburg“ – was sich aber schnell als ziemlich überzogene Behauptung herausstellt: Auf keinem Wegabschnitt ist die Beschilderung so schlecht, wie in Limburg. Aber immerhin ist es nicht mehr weit. In meinem Kopf tönt „Finale – woho!“, wie damals zur Fußball-WM. Und das, obwohl ich absolut nichts mit Fußball am Hut habe.

Die Heuvelroute erreicht Limburg
Willkommen im Fietsparadijs Limburg, wo jedes zweite Heuvelroute-Schild fehlt

Südlich von Bergloon verlasse ich kurz die Route, um das Kunstwerk „Reading between the Lines“ (Wikipedia) zu bestaunen. Schade, dass das nicht auf der Route liegt! Würde man es nicht wissen, würde man dran vorbeifahren. Im Ort selbst decke ich mich mit kaltem Eistee und Wasser ein – wie erfrischend doch einfach kaltes Wasser an einem heißen Tag sein kann!

Auf einer alten Bahnstrecke geht’s nach Tongeren, der letzten großen Stadt vor der Grenze. Spätestens hier ist für mich klar: Maastricht wird das Ende der Tour, ich werde nicht, wie ursprünglich geplant, noch weiter nach Aachen fahren. Es folgen noch ein paar Hügel und dann ist die Tour nahezu abrupt zu Ende: Auf engen Serpentinen schlängelt sich der Weg ins Tal der Maas. Ich bin bemüht, langsam zu fahren. Noch ein weiteres Schlagloch möchte ich nicht mitnehmen. Nachdem ich zunächst den Albertkanaal passiere, erreiche ich kurz danach Maastricht. Es fühlt sich jetzt schon nach Zuhause ankommen an, so gut kenne ich mich mittlerweile in Maastricht aus. Es gibt ein letztes Mal Pommes Spezial, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof mache.

Am Bahnhof rutscht mir dann vor Schreck fast das Herz in die Hose: Heute kein Bahnverkehr nach Aachen steht auf der Anzeigetafel. Ja super. Ich hatte es irgendwie befürchtet. Also schnell raus aus dem Bahnhof, den Bus nach Aachen suchen. Den Bus nach Aachen habe ich schnell gefunden. Der Busfahrer war jedoch wenig gewillt, mich und das Rad mit nach Aachen zu nehmen. Aber mit meiner freundlichen Penetranz und ein wenig Verzweiflung gelingt es mir, ihn zu überreden. Wiedermal sehr erleichtert sitze ich kurz danach im Bus nach Aachen.

Fünf Tage Radfahren auf der Heuvelroute auf Komoot

Wenn du die Tour nachfahren möchtest, findest du hier die Tour auf Komoot. Achtung! Hier und da entspricht sie nicht der Original-Heuvelroute.

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